Nordrhein-Westfalen

Dialog & Bürgerbeteiligung

VCD Bergisches Land: Neue Veranstaltungsreihe soll Dialoge fördern

Prozessbegleitender Dialog

Bürgerbeteiligung soll als Teilhabe Menschen eine Einflussnahme an einzelnen politischen Entscheidungen und Planungsprozessen ermöglichen und wird vor allem auf der kommunalen Ebene vergleichsweise oft praktiziert. Hintergrund für die „Bürgerbeteiligung ist ein ständiges geschichtliches Streben im Versuch, höhere Formen zur Organisation von Kooperation zu erreichen“ (1). Der Begriff wird in der Praxis für eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren verwendet. Je früher die unterschiedlichen Akteure in dem Planungsprozess zusammenfinden oder begleitend integriert werden, umso besser sind das Verständnis für die Planungsinhalte und die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse. Zudem können Konflikte oftmals im Rahmen des Prozesses frühzeitig geklärt und zeitraubende gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden. Der VCD hat sich in der Vergangenheit, wie jetzt wieder in Wuppertal, als Umweltverband in Verfahren eingebracht, oft begleitend mit Fachinformationen zur Unterstützung von Bürgerinitiativen.

Ausbau L 419 in Wuppertal


„Für und Wider der Südtangente“


Die erste Veranstaltung des VCD Regionalverbandes Bergisches Land fand am 12. September zum Thema Ausbau L419 in der Citykirche Wuppertal-Elberfeld statt. Die L419 ist heute eine zweispurige Landesstraße in Wuppertal-Ronsdorf, die zu einer vierspurigen autobahnähnlichen Landes- und Bundesstraße mit direktem Autobahnanschluss an die A1 ausgebaut werden soll.
Straßen NRW reichte die Pläne im April bei der Bezirksregierung Düsseldorf ein. Die Offenlegung der Pläne wird für die nächsten Monate erwartet, eine Erörterung könnte frühestens 2018 stattfinden. Doch auch wenn die Pläne für den mehr als 100 Millionen Euro teuren und jahrelang andauernden Ausbau der Straße noch am Anfang stehen, rechnet die Bürgerinitiative "L419 - Keine Autobahn durch Ronsdorf" nicht damit, auf politischem Wege noch viel daran ändern zu können.
Im Moment befahren rund 22.000 Fahrzeuge die L419 pro Tag. Die Radwege auf beiden Seiten sind laut ADFC Wuppertal die dritt meist befahrenen Radwege in Wuppertal. Auf einer Seite der L419 würde nach dem Ausbau der Radweg komplett entfallen. Zudem wird die L419 heute von Bussen in Richtung Hauptbahnhof und ins Tal genutzt, deren Fahrzeit sich nach dem Ausbau durch die notwendig werdenden Umwege um mehrere Minuten verlängern dürfte.
Staus kann man heute auf der L 419 tatsächlich während den Hauptverkehrszeiten beobachten, die jedoch, so Prof. Marc Gennat vom VCD Bergisches Land, durch die geringe Kreuzungskapazität zusammen mit nicht optimalen Ampelschaltungen verursacht werden.

Marc Gennat stellte in der Citykirche die aktuellen Studien und Informationen zur L419 vor. Ergänzt wurde sein Beitrag durch Prof. Klaus Schilling von der Bürgerinitiative Boltenberg, der die historische Entwicklung des Autobahnrings in Wuppertal erläuterte. Er verwies darauf, dass eine gesamtstädtische Untersuchung zur MIV-Belastung bisher nicht stattgefunden hat. Da die L419 als "Landesstraßen-Ausbau" und nicht als Neubau geplant ist, soll auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen sein. Der dritte Redebeitrag an diesem Abend kam von Jürgen Wernecke, von der Ronsdorfer Bürgerinitiative, der die Belastungen einer vierspurigen L419 für die Ronsdorfer verdeutlichte.
Gemeinsam monierten die Bürgerinitiativen zudem, dass das Land bei der Planung für den Ausbau der L419 mit nicht aktuellen Zahlen operieren würde. Außerdem werde das Vorhaben nicht in dem Gesamtzusammenhang des Ausbaus der A46 und der L418/L419 gesehen - es fehle an einem Gesamtkonzept. Sicher sei in jedem Fall, dass die Planer die bis 2030 entstehende Verkehrslast für die Südtangente "erheblich" unterschätzten.

Die anschließende Diskussion kam zu dem Resümee, dass die Belange der Menschen vor Ort verstärkt berücksichtigt werden müssen und dass ohne belastbare Gutachten zur gesamtstädtischen oder überregionalen Auswirkung keine sinnvolle, weitere Planung vorgenommen werden kann.
Die Bürgerinitiative möchte, dass die L 419 in ihrer jetzigen Ausprägung erhalten bleibt und diskutiert ergänzende Alternativen. Die geplante L 419 werde zu deutlich mehr Verkehr und zu einem "Verkehrschaos" in Ronsdorf führen, die Belastungen durch Lärm und Emissionen seien immens, mehrere Hundert Bäume müssten wegen der geplanten Maßnahmen gefällt werden, so Jürgen Wernecke. Zudem sei nicht sicher, ob der zweite Bauabschnitt des Vorhabens, die Anbindung der Landesstraße an die Bundesautobahn A1, auch wirklich vom Bund finanziert werde. Bisher habe lediglich das Land die Übernahme der Kosten für den ersten Bauabschnitt erklärt.

Dem VCD Bergisches Land, so Moderator Marc Gennat, geht es darum, das Thema in Wuppertal und der Region verstärkt durch sachliche Informationen an die Oberfläche zu holen. Daher bedauere er auch, dass Vertreter der Gruppe für den Ausbau der L419 trotz Anfrage nicht zu dem Abend erschienen sind. Die Verantwortlichen von Straßen NRW konnten aus Termingründen nicht teilnehmen, nahmen sich aber viel Zeit, um telefonisch Auskunft zu geben.
Eine vierspurige autobahnähnliche Bundesstraße würde überproportional überregionalen PKW- und Schwerlastverkehr anziehen. Die Menschen in Ronsdorf müssen Bescheid wissen, dass aus den 22.000 Fahrzeugen heute dann später 53.000 Fahrzeuge werden. Die heutigen Staus auf der L419 in Ronsdorf könnten durch kleinere Maßnahmen der Verkehrsvermeidung und Verkehrslenkung, wie eine Verbesserung der Kreuzungskapazitäten, verringert werden.

Die Veranstaltungsreihe des VCD Bergisches Land wird nach Weihnachten zum Thema Döpperbergumbau / Wuppertal Hbf fortgesetzt.

Ergänzende Informationen, Quellen:

(1) Nowak, M. A. (2006). Five rules for the evolution of cooperation. science, 314(5805), 1560-1563.

Westdeutsche Zeitung:
Bürgerinitiative stellt sich auf Klagen gegen L 419 ein

Text: RM