Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf Mettmann Neuss, Verkehrspolitik
Region Düsseldorf

Infos zur Kommunalwahl in Düsseldorf - Thema Verkehrspolitik

Der VCD Düsseldorf möchte die Wählerinnen und Wähler über die verkehrspolitischen Absichten der Parteien und OB-Kandidaten informieren.

 

Zu den Kommunalwahlprogrammen für Düsseldorf 2020 zum Verkehr

Verkehr ist eines der zentralen Themen für die aktuelle Kommunalwahl, wichtig für Nachhaltigkeit und Teilhabe, für Wirtschaft und Lebensqualität.

Die Düsseldorfer Wahlprogramme sind wieder sehr umfangreich geworden und nur etwas für Politprofis. Das Lesen und Vergleichen ist aufwendig, einige Parteien haben immerhin Kurzprogramme oder Flyer mit Top-Punkten herausgebracht. Insgesamt könnte die politische Kommunikation der Inhalte in der Werbestadt Düsseldorf bürger(innen)näher und innovativer sein, Visionen könnten anschaulicher gemacht und multimedial verbreitet werden. Das wäre vielleicht nützlicher als viele altertümliche Politiker(innen)fotos mit platten Slogans entlang der Straßen.

In diesem Beitrag sollen verkehrspolitische Programminhalte angeschaut und bewertet werden. (Kleinparteien haben wir nicht berücksichtigt, dort fehlen z.T. echte lokale Programme, z.B. bei der AfD, die überhaupt nur 3 unkonkrete Punkte zum Verkehr nennt.)

Themen

ÖPNV und Radverkehr wollen natürlich alle fördern, wenn auch in unterschiedlicher Intensität und Form. In Corona-Zeiten muss aus VCD-Sicht insbesondere der ÖPNV neu aufgestellt werden, das wird bisher noch nicht angesprochen. Viel Bauen ist angesagt, von großen Radweg-Programmen bis zu sündhaft teuren Tunneln oder massivem Straßenbahn-Ausbau.  SPD und Grüne und Linke wollen Ticketpreise massiv senken, FDP und insbesondere CDU U-Bahn und Straßennetz massiv ausbauen, hier wird sehr viel Geld aber nur relativ wenig bewirken. Wie das alles aufs Klima wirkt, wird nicht hinterfragt. Und wer das eigentlich alles bezahlen soll, auch nicht.

Heikle Themen wie Parken, Flughafen, Hafen Reisholz werden z.T. ausgelassen oder nur nebulös angesprochen. Die Umweltspuren haben übrigens keine erklärten Befürworter.

Modethemen wie Park+Ride, Mobilstationen, Sharing, E-Mobilität, Seilbahn kommen fast überall vor. Dass ihre Bedeutung meist nur marginal oder teilweise sogar schädlich ist, darüber wäre noch zu reden. Auf die notwendige regionale Kooperation wird in unterschiedlicher Form hingewiesen, manchmal wirkt es allerdings immer noch von oben herab.

Themen, die bei den Parteien auffallen, in Stichpunkten (eine persönliche Auswahl):

SPD:
Stadt-/Straßenbahn im 5-10-Min.-Takt, 4 neue Straßenbahnstrecken + Stadtbahnstrecken ins Umland, 365€-Ticket, ÖPNV am Ende kostenfrei,
18 Mio.€/Jahr für Radwege, 2000 Radstellplätze/Jahr, „Verkehrswende beginnt beim Bauen“.

CDU:
„Nr. 1 in Deutschland“ bei P+R u. Radwegenetz, kundenfreundlicherer ÖPNV, mehr Pkw-Stellplätze bei Neubauten, Grüne Welle durch Vernetzung von Ampeln und Fahrzeugen, viele neue Straßen und U-Bahn-Tunnel, digitales Radwege-Monitoring.

Grüne:
viele Stadt-/Straßenbahnlinien im 7,5-Min.-Takt, viele neue Straßenbahn-Strecken, ÖPNV-Preise um 50% senken, ÖPNV am Ende kostenlos,
durchgängige und geschützte Radwege, 10% der Pkw-Straßenparkplätze zu Radstellplätzen, Grüne Welle für Radverkehr, 20% d. Radhauptnetzes pro Jahr realisieren, dafür ausgelagerte Firma „BauRad“, autofreie Stadt(teil)zentren und grüne Lebensadern, stadtweite Parkraum-Bewirtschaftung, regionaler Mobilitätsplan, Nahverkehrs-Abgabe zur Finanzierung.

FDP:
30% mehr ÖPNV-Leistung, bei großen Bauprojekten erst ÖPNV-Anschluss, mehrere Ortsumfahrungen und U-Tunnel, bis 10.000 P+R-Stellplätze (in Düsseldorf), Parkplatz-Kapazität erhalten, mehr Verkehrsüberwachung, Taxi weiterentwickeln.

Linke:
Taktverbesserung ÖPNV, Mobilitäts-Flatrate30€, ÖPNV am Ende kostenlos, U81 streichen, aber innerstädt. Ringbahn planen, eine Reihe von zusätzlichen Abgaben zur Finanzierung.

Andere Parteien

Die kleinen Parteien haben i.d.R. nur ausgewählte Punkte und kein umfassendes Programm.

Die AfD ist mit einem OB-Kandidaten, der meinte, es gäbe kein Klimaproblem, denn CO2 sei nicht giftig, ist nicht ernst zu nehmen. (Er würde wohl auch Deichbau ablehnen, denn Wasser isr doch auch nicht giftig.)

Große Worte – aber wer zahlt?

Kommentar zu den Kommunalwahlprogrammen Düsseldorf 2020 von Iko Tönjes

Nicht nur der Umfang der Wahlprogramme ist groß, der Mund wird auch inhaltlich wieder ziemlich voll genommen: „Nr. 1 in Deutschland“ bei P+R und Radwegen und sogar die bundesweit "größte Offensive für mehr Attraktivität nachhaltiger Verkehrsmittel“ (CDU), 10.000 P+R-Plätze in Düsseldorf (FDP), eine Menge neuer Tunnel (CDU, FDP), starl verbilligter bis kostenloser ÖPNV (Linke, SPD, Grüne),. Geht es auch ein wenig kleiner?

Offensichtlich wird so abgehoben weiter gemacht wie bei früheren Wahlen. Von den vollmundigen Wahl-Versprechen 2014 des heutigen OB, das ÖPNV-Angebot zu verdoppeln und ein großes geschlossenes Radwegenetz aufzubauen, ist am Ende nicht viel übriggeblieben. (Eine Bilanz der vergangenen Ratsperiode würde allerdings diesen Beitrag sprengen.)

Die Wahlprogramme stellen gewaltige Wunschlisten ohne echte Prioritäten auf, gespart wird nirgendwo, zur Umsetzung und Finanzierung ist wenig zu finden. (Nur die Linke nennt einen ganzen Strauß von zusätzlichen Abgaben, die Grünen sprechen eine Nahverkehrs-Abgabe an.) Dabei summieren sich die zusätzlichen Kosten für die Programme allein im Verkehr bei fast allen Parteien jeweils auf schätzungsweise bis zu 150 Mio. Euro im Jahr. Gewaltige Straßenbau- und Tunnelprojekte auf der einen politischen Seite, starke Preissenkungen im ÖPNV auf der anderen Seite sind die Kostentreiber. Woher soll das Geld kommen? Nicht nur die Finanzierung ist unklar, auch die reale Wirksamkeit der Projekte für Verkehr und Klima wurde nicht wirklich geprüft, Modethemen wie Park+Ride oder Seilbahn werden unkritisch übernommen. Was von diesen Monumental-Programmen soll man als WählerIn ernst nehmen?

Die Haltung der Wählerinnen und Wähler ist allerdings auch widersprüchlich: viele wollen eine Verkehrswende, aber eigentlich soll sich wenig ändern. Ob sich viele Wählende an die große Lücke zwischen früheren Versprechen und der Wirklichkeit erinnern (wollen), ist zweifelhaft.

Die Grünen und die Linke gehen etwas auf Corona ein, aber auch nicht sehr substanziell, ansonsten ist die Pandemie, die alles umkrempelt, anscheinend bisher kein Update wert. Oder meint man, ab Herbst ist wieder alles „normal“? Die finanziellen Probleme der Kommunen, die Systemkrise des ÖPNV, Abstandhalten für Zufußgehende,.. all das wird uns voraussichtlich noch lange beschäftigen.

Grundlinien

Der große ideologische Unterschied: SPD,  Grüne und Linke setzen auf Zielorientierung, dabei die Grünen vorrangig auf Klimafreundlichkeit, SPD und Linke betonen Teilhabe. CDU und FDP wollen dagegen ein konfliktarmes „Miteinander“ und angeblich „ideologiefreie“, also eher ziel-lose Politik. Kurz und zugespitzt: Klimaschutz gegen freie Fahrt, das ist auf der verbalen Ebene die klassische Trennlinie, flankiert von sozialen Aspekten.

Das zeigt dann auch die grundsätzlichen Schwachstellen. Mit dem Miteinander kommt man nicht weiter, wenn der Platz in der Stadt und das Geld begrenzt sind und wenn Umweltziele einzuhalten sind. Zielorientierte Politik hat auch ihre Tücken: auch hier wird der Mittelbedarf nicht ernst genug genommen, es zeigen sich außerdem Schwächen dabei, die Bürger mitzunehmen und die Maßnahmenpakete ausgewogen zu konzipieren.

Dass einige der verkehrspolitischen Entscheidungen der letzten Zeit des heutigen OB bzw. einer knappen Ratsmehrheit nicht gut durchdacht waren, lässt sich nicht leugnen, etwa die Umweltspur Witzelstr. oder der Pop-Up-Radweg am Rheinufer. Aber auf der anderen Seite müssen OB-Kandidat Keller und die CDU noch erklären, wie ihre Plakatslogans „Staufreies Düsseldorf “ und „Klimagerechte Stadt“, massiver Straßenausbau und angekündigte Offensive für nachhaltige Verkehrsmittel zusammenpassen.

Wenn OB-Kandidat Keller mitteilt, Tempo 30 als Regel in der Stadt sei mit intelligentem Verkehrsmanagement nicht vereinbar (das ist ähnlich wie Andi Scheuers „Tempolimits sind gegen den Menschenverstand“), obwohl viele Institutionen von EU-Parlament und Deutschem Verkehrssicherheitsrat über Umweltbundesamt und Polizeigewerkschaft bis ADFC und VCD das für richtig halten, lässt an der angeblichen Ideologiefreiheit zweifeln. Man kann über die Lösungsansätze und deren Umsetzung diskutieren, aber ideologische Denkverbote sind keine gute Basis.

Kompromissfähigkeit

Die Programme müssen sich spätestens nach der Wahl an der Realität messen lassen, insbesondere auch an den finanziellen Möglichkeiten. Wir können uns kaum Wohltaten mit der Gießkanne leisten, sondern müssen sehr genau schauen, was machbar ist und was wirkt, und auch was nicht gemacht werden kann.

Tatsächlich werden wir Zielorientierung UND Bürgerorientierung, alternative Angebote („Pull“) UND verkehrssteuernde Maßnahmen („push“) brauchen. Was selten genannt wird, aber wichtig ist: Management-Instrumente, um sparsame und zielgruppen-gerechte Politik umzusetzen. Dazu gehören klar definierte messbare Ziele, das Monitoring von Nachfrage und Zufriedenheit und Potenzialen, ein breiter Maßnahmen-Mix mit bewertenden Wirkungsprognosen (inkl. Kommunikation und Marketing als wichtiger Faktor) und ein Controlling der Zielerreichung und Kosteneffizienz. Hoffentlich denkt man nach der Wahl daran.

Wenn man die Wahlkampf-Rhetorik beiseite lässt, gibt es zwischen den Parteien wenig unüberwindbare Gräben, sondern eher Kompromiss-Spielräume, wie es sie auch in der praktischen Ratsarbeit häufiger gab, bevor das Wahlkampfjahr angebrochen war. Finanzielle Machbarkeit, nüchterne Wirkungs-Analysen sowie neue Corona-Aspekte bieten Raum für Verhandlungs-Lösungen. Ohnehin ist breiter Konsens in der Verkehrspolitik nötig, da sich Verkehrs-Strukturen nur langfristig entwickeln. Es macht für die Stadt und Region keinen Sinn, wenn nach 5 Jahren wieder alles zurückgedreht wird. Ob mit weichen Kompromissen allerdings die Klimaziele erreicht werden können, ist ungewiss.

Die verkehrspolitischen Aussagen im Vergleich

Ein ausführlicher tabellarischer Vergleich der verkehrspolitischen Aussagen der Parteien:

Tabelle in DIN A4 

Tabelle in DIN A2 (alle Parteien nebeneinander)

 

Weitere Infos

Hier sind Links zu den jeweiligen Parteien und OB-Kandidaten: 

Wahlprogramme Düsseldorf 2020 (Schwerpunkt Verkehr)

https://www.cduduesseldorf.de/wahlprogramm

https://stephan-keller.de/mobilitaet-und-stadtentwicklung/

https://www.gruene-duesseldorf.de/deshalb-am-13-september-die-gruenen-waehlen/

https://www.gruene-duesseldorf.de/mobilitaet/

https://stefan-engstfeld.de/politisch/meine-ziele-fuer-duesseldorf/

https://www.spd-duesseldorf.de/nachbarn-waehlen/

https://www.thomasgeisel2020.de/zukunftsbilder

FDP: https://www.duesseldorfverstehen.de/

https://www.die-linke-duesseldorf.de/kommunalwahl/programm/

https://afd-kreis-duesseldorf.de/pressemeldungen/2020/07/kommunalwahl-2020-afd-duesseldorf-startet-mit-motto-aus-liebe-zu-duesseldorf-in-den-wahlkampf/

https://www.klimaliste.de/duesseldorf-wahlprogramm

https://www.rep-duesseldorf.de/kommunalwahlen/standpunkte/

https://www.voltdeutschland.org/duesseldorf/wahlprogramm

 

Alle Kandidaten

https://ris-duesseldorf.itk-rheinland.de/sessionnetduebi/si0050.asp?__ksinr=19785 (Listen für die versch. Ebenen als Links)

Wahlportale Düsseldorf

https://www.duesseldorf.de/statistik-und-wahlen/wahlen/kommunalwahlen.html

https://gehwaehlen20.de/

 

Die Kommunalwahl in Düsseldorf 2014 zum Vergleich

https://www.wahlergebnisse.nrw/kommunalwahlen/2014/aktuell/a111000kw1400.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Ergebnisse_der_Kommunalwahlen_in_D%C3%BCsseldorf

zurück