Bahn & Bus,
Verkehrspolitik
Landesverband NRW
Die Tochter der niederländischen Staatsbahn, hatte in NRW eine ganze Reihe von RRX-, RE- und S-Bahn-Linien betrieben. Große finanzielle Probleme des Unternehmens konnten in Verhandlungen mit dem VRR nicht ausgeräumt werden, der Vertrag mit Abellio wurde deshalb zu Ende Januar 2022 aufgelöst. (In Mitteldeutschland konnte dagegen eine Einigung zwischen Abellio und den Aufgabenträgern erreicht werden, der Betrieb wird dort für eine gewisse Zeit fortgeführt und schafft mehr Zeit für den Übergang.) DB Regio, National Express und das relativ kleine Unternehmen Vias übernehmen vorerst für die nächsten beiden Jahre die Linien in NRW.
Abellio hat auf den vor längerer Zeit übernommenen Strecken eine gute Qualität und eine sichere Leistung geboten, als andere Firmen wie Eurobahn und Nordwestbahn bereits schwächelten. Bei den letzten Übernahmen (RB49, S9) hatte Abellio aber bereits mit großen Personalproblemen zu kämpfen. Abellio führt an, dass unerwartet große Personalprobleme und hohe Tarifabschlüsse, kostenintensive Streckensperrungen der DB und notwendige Ersatzverkehre und am Ende auch Corona-Regeln (u.a. 3G für Beschäftigte) die Kalkulation unvorhersehbar gesprengt hätten. Diese Probleme treffen auch andere Betreiber, besonders auch die bisher verweigerte Übernahme von Strafzahlungen bei infrastrukturbedingten Verspätungen und Sperrungen durch DB Netz. Dazu gab es aber 2021 ein BGH-Urteil, dass der Netzbetreiber Trassen pünktlich zur Verfügung stellen muss und für Folgekosten aus nicht pünktlich bereitgestellten Trassen aufkommen muss. Gut so, meint der VCD, aber umgesetzt ist das Urteil noch nicht, etwa im Rahmen des Eisenbahn-Regulierungs-Gesetzes. Bei Abellio mag hinzukommen, dass besonders knapp kalkuliert wurde, weil der Mutterkonzern unbedingt seine Expansionsziele erreichen wollte, am Ende aber Abellio fallen ließ.
Die Frage bleibt, ob die verbleibenden Bahnunternehmen langfristig sicher sind. Klar ist jedenfalls, dass der Bahnverkehr viel mehr Geld kosten wird als bisher, die Übernahme des Abellio-Verkehrs erfordert laut Landesregierung 2022 und 2023 zusätzliche 167 Mio. Euro, ohne dass es Mehrleistungen gibt. Weitere Kostensteigerungen bei den verbliebenen Bahnbetreibern sind abzusehen.
Der VCD bedauert das Ende von Abellio in NRW und hat erwartet, dass der Übergang für die Fahrgäste möglichst problemlos verläuft. Die Fahrzeuge gehören ohnehin teilweise dem VRR, ein großer Teil des Personals hat, unterstützt mit Finanzanreizen durch das Land, zu den neuen Betreibern gewechselt. In den Medien war von einem „reibungslosen“ Übergang am 1.2. die Rede, die Fahrgäste können diese Einschätzung nicht teilen: Der Übergangsfahrplan bis Ende Februar enthält die vorübergehende Schließung mehrerer ganzer Linien und die Reduzierung von Fahrtangeboten auf einigen Linien. Auch in BaWü hat Abellio aufgegeben, dort wurde das ganze Unternehmen von der landeseigenen SWEG übernommen, größere Übergangsprobleme wurden dort nicht gemeldet.
Das gesamte vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren muss auf den Prüfstand. Das Verfahren dauert sehr lange und ist sehr aufwendig, und ist es sehr schwer, neue Entwicklungen und Risiken und zusätzliche Angebotswünsche nachträglich aufzunehmen. Am Ende gewinnt manchmal derjenige die Ausschreibung, der sich am stärksten zu eigenen Lasten verkalkuliert hat. So können die Verkehrswende ausgebremst und zusätzliche Risiken für das Bahnangebot und seine Nutzer*innen erzeugt werden.