Nordrhein-Westfalen

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Landesverband NRW

Offener Brief an die EU-Kommission zur Luftqualität

Der VCD hat anlässlich des bevorstehenden "Besuchs" am 30. Januar der deutschen Umweltministerin Barbara Hendricks bei EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zum Thema Luftreinhaltung einen offenen Brief an die EU verfasst. Es geht darum, dass die Bundesregierung eine Vielzahl von Instrumenten hätte, der Luftbelastung und auch Klimabelastung durch den Verkehr nachhaltig entgegenzusteuern, dies aber bewusst unterlässt. So haben die Bundesländer und die Kommunen kaum die Möglichkeiten wirksame Luftreinhaltepläne zu erstellen.

Seiner Exzellenz dem Mitglied der Europäischen Kommission Herrn Karmenu Vella

Offener Brief an die EU-Kommission zur Luftqualität

Sehr geehrter Herr Kommissar Vella,

Sie haben die deutsche Bundesregierung für den 30.1. nach Brüssel eingeladen, um über das Problemder in deutschen Städten seit Jahren nicht eingehaltenen gesetzlichen Grenzwerte der Luftqualität,insbesondere bei Stickoxiden, zu reden.

Man wird Ihnen vermutlich sagen, dass die Bundesregierung alles tut, um das Problem in den Griff zubekommen, und dass es bald besser wird.

Glauben Sie das nicht!

Die Bundesregierung tut im Gegenteil fast alles, um Dieselfahrzeuge und große Autos zu fördern, was nebenbei auch die Einhaltung der Klimaschutzziele im Verkehr unmöglich macht. Gerade in den Bundesländern und den Städten wie Düsseldorf oder Köln, die von der mangelnden Luftreinhaltung besonders betroffen sind und in denen aktuell an Luftreinhalteplänen gearbeitet wird, sind Bürger und Umweltorganisationen, aber auch Kommunen wegen dieser politischen Defizite besorgt und hoffen, dass die EU dabei hilft, das geschäftige Nichtstun in Deutschland zu überwinden. Mit lokalen Instrumenten alleine können die Probleme nicht gelöst werde, es kommt auf die staatlichen Rahmenbedingungen an.

Was sind wesentliche Defizite?

Der für die Stickoxid-Belastung in erster Linie verantwortliche Dieselkraftstoff wird immer noch wesentlich geringer besteuert als Benzin.

Firmenwagen werden so besteuert, dass große Fahrzeuge besonders große Vorteile haben und den Nutzern der Kraftstoffverbrauch egal sein kann, da sie nur eine verbrauchsunabhängige Pauschale zahlen. Dadurch bleibt die Pkw-Flotte ineffizient und überdimensioniert.

Parkraum-Management ist ein wichtiges Instrument zur Steuerung des Verkehrs. Parkgebühren werden aber in Deutschland so reglementiert, dass sie weder marktgerecht sind noch eine Steuerungswirkung haben. Für Bewohner werden nur Verwaltungsgebühren fällig, für das Parken im öffentlichen Straßenraum sind die Gebühren begrenzt und lückenhaft. Bußgelder für Falschparken sind auf einem lächerlich niedrigen Niveau, so dass Steuerungseffekte gar nicht greifen können.

Während Zuschüsse zu Jobtickets des ÖPNV als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen, bleiben kostenlose Firmenparkplätze steuerfrei. Es sollte umgekehrt sein.

Die sogenannte Pendlerpauschale subventioniert Fahrten zum Arbeitsplatz, wer in die Stadt zieht, um Verkehr zu vermeiden, und dadurch höhere Miete zahlen muss, bekommt dagegen keine Unterstützung.

Nachhaltiges Mobilitätsmanagement für Städte und größere Quartiere und Standorte, das wirksam eine intelligente Änderung der Verkehrsstruktur organisieren könnte, wird nicht gesetzlich vorgeschrieben und auch nicht staatlich wesentlich gefördert.

Die Bundesregierung weigert sich, eine blaue Plakette einzuführen, die eine gezielte Beschränkung der Zufahrt für Diesel ohne ausreichende Abgasreinigung erlauben würde. Die Bundesregierung weigert sich außerdem, der Autoindustrie ausreichend wirksame Nachrüstungs-Programme für fehlerhafte Dieselfahrzeuge vorzuschreiben.

Es gäbe also viele Instrumente, um den Straßenverkehr und die Kfz-Flotte in eine positive Richtung zulenken, Deutschland verzichtet darauf seit vielen Jahren.

Das von der Bundesregierung aufgelegte sogenannte „Sofortprogramm Saubere Luft“ – das nach vielen Jahren des Nichtstuns in Sachen Stickoxiden eigentlich nicht besonders „sofort“ ist – wird keine Abhilfe schaffen. Es setzt auf Modethemen wie Elektrifizierung und Digitalisierung und finanziert einmalig Projekte, aber es ändert nichts an den falschen Anreizen (siehe oben), es verbessert nicht die Steuerungs-Instrumente für die betroffenen Städte, und es verbessert nicht nachhaltig und wirksam die Grundqualität der Alternativen zum privaten Auto.

Die deutsche Umweltministerin Frau Hendricks kann übrigens für diese Defizite wenig. Sie und das ihr zugeordnete Umweltbundesamt mahnen seit Jahren wirksame Maßnahmen an, können sich aber gegen die Autolobby und das Verkehrsministerium in der Bundes-Regierung nicht durchsetzen. Deswegen kommt die Luftqualität in Deutschland nicht so voran, wie es sein müsste und das Gesetz vorschreibt.

Wir sind gespannt, wie das Gespräch ausgeht und was die nächsten Schritte sind.

Vielen Dank für Ihr Interesse. Über eine Rückmeldung würden wir uns freuen. Für Erläuterungen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

VCD – Landesverband Nordrhein-Westfalen

Iko Tönjes, Sprecher des Vorstands


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