Landesverband NRW,
Bahn & Bus
Landesverband NRW
Mit einer groß angelegten Werbekampagne bewirbt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr derzeit den "Tarif-Frühling": Die Figur Biene Maja weist darauf hin, das die Nutzung von Bus und Bahn nun noch einfacher würde. Tatsächlich wurden zum 1. März einige Tickets abgeschafft - aber verbunden mit deutlichen Preiserhöhungen für Gelegenheitskunden.
Der “Tarif-Frühling” ist eine Antwort darauf, dass die meisten Abonnenten ins günstige und attraktive Deutschland-Ticket (inkusive Schüler-, Sozial- und Jobvariante) gewechselt sind. Dass die Tarifstruktur und das Sortiment dann erheblich vereinfacht werden, hält der VCD für sinnvoll, etwa durch die Streichung des bisherigen Monatstickets Ticket 1000. Zum Teil wurde aus Sicht des VCD aber auch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
Im Schatten des Deutschlandtickets sind die Preise im VRR in letzter Zeit erheblich angestiegen, das ist aus Fahrgastsicht kritisch zu sehen, hat aber Ursachen in stark gestiegenen Kosten (für Personal, Eisenbahn-Verkehrsverträge, Bauleistungen, ..) und allgemeinen finanziellen Problemen der Kommunen. Die Kürzung von Verkehrsleistungen wäre die schlechtere Lösung. Der VCD setzt sich für einen Beitrag des Bundes zu den Vorhaltekosten im ÖPNV ein, um den Preisdruck zu reduzieren.
Die Philosophie des VRR ist, künftig nur noch auf das Deutschland-Ticket und den elektronischen Tarif eezy zu setzen, mit wenigen Ticketangeboten für diejenigen, die das nicht nutzen können bzw. wollen und möglichst ganz ohne Bargeld. Einen durch diese Strategie entstehenden "Shitstorm" wolle man aushalten, heißt es. Das sieht der VCD kritisch. Der eezy-Tarif etwa ist für Personen unter 18 Jahren nicht buchbar, für das 24h-Ticket innerhalb einer Stadt (kostet 8,80€) gibt es bisher keine passende Alternative (der eezy-"Preisdeckel" liegt bei 28,90 €). Und dass an den Automaten in der Stadtbahn kein 24h- oder SchönerTag-Ticket mehr gekauft werden kann, bliebt unbegründet.
Besonders umstritten war die Abschaffung der Kurzstrecke, mit der bislang vier Haltestellen weit gefahren werden konnte. Jetzt gilt ab der ersten Haltestelle Preisstufe A - und zwar das höhere Niveau der bisherigen Preisstufe A 3, derzeit 3,60 Euro.. In kleineren Städten uund Kreisen mit zT schlechterem ÖPNV-Angebot galten hier bislang etwas geringere Preise. Zusammengeführt wurden die bisherigen Preisstufen C und D - auch das eine Vereinfachung, aber zum höheren Preisnievau. Der VCD hätte gerne einen Mischpreis zwischen C-alt und D gesehen, da der Sprung von B auf C-neu (bei Einzeltickets: 7,40 > 18,90 Euro) jetzt zu hoch ist. Das Zusatzticket wird durch die Abschaffung der 4er-Variante merklich teurer. Ebenfalls weggefallen ist der Rabatt beim 4er Ticket, was einer Preiserhöhung um 9 % entspricht. Dass das 4er Ticket unattraktiver gemacht wird, gibt einen Vorgeschmack auf die geplante Abschaffung der Entwerter - aus Sicht des VCD denkbar, wenn es eine Alternative gibt. Das könnte das 4 Stunden Ticket zB für 4 Euro sein - das wurde allerdings nun auch gerade abgeschafft.
Bestehen bleibt das Ticket 2000 mit seinen Mitnahmeoptionen, es ist aber im Vergleich mit dem Deutschlandticket preislich allgemein nicht besonders attraktiv (selbst im 9-Uhr-Abo 71 - 168€), auch für viele Gelegenheitskunden lohnt also ein Deutschlandticket.
Erhalten bleibt anders als zunächst geplant der Zwei Waben-Tarif: Damit kann man in vielen Städten mit Preissrufe A von Innenstadt zu Innenstadt fahren, zB Bochum - Herne. Sollte das wegfallen, drohen Preiserhöhungen von über 100 %.
Für kurze Einzelfahrten ist tatsächlich der eezy-Tarif günstiger. Der Einstieg in den E-Tarif ist eine (auch psychologische) Hürde, wer es aber geschafft hat, findet das System meist ziemlich komfortabel.
Das Bärenticket für Menschen ab 60 kostet inzwischen 112 Euro, also genauso viel wie D-Ticket (58€) plus 1.-Klasse-Aufpreis im VRR (53,05€). Die freie Mitnahme einer weiteren Person und eines (!) Fahrrads fällt weg, die Mitnahme galt aber nur abends und am Wochenende (und kann dann vielleicht günstiger mit Einzeltickets aufgestockt werden). Durch die Gültigkeit des D-Tickets weit über den VRR hinaus sollte das aber für viele Fahrgäste kompensiert werden, und wenn jede/r ein eigenes Ticket hat, hat das auch einen Wert. (2 Deutschland-Tickets entsprechen preislich etwa einem Bärenticket ohne 1. Klasse).
Fazit: Das Deutschlandticket und der eezy-Tarif sind für die meisten Fahrgäste tatsächlich zu empfehlen, Härten für einen Teil der Fahrgäste sind aber vorhanden. Der VCD hatte im Vorfeld kritische Anmerkungen, einiges wurde noch korrigiert (etwa der Erhalt des 2-Waben-Tarifs), anderes nicht (u.a. Wegfall der Kurzstrecke und des 4-Stunden-Tickets und Reduzierung des Preises für die Preisstufe D). Eine Reduzierung des Preisdrucks für die Zukunft wird es nur geben, wenn sich Bund und Länder doch noch auf eine neue Finanzierung des ÖPNV einigen und die Kommunen stärker unterstützen (und wenn sich die Fahrgäste mit ihren Interessen lauter zu Wort melden).