Nordrhein-Westfalen

Bahn & Bus, Klimaschutz, Pressemitteilung

Klimaschutz und Verlässlichkeit: VCD NRW zu Bahnausfällen in NRW

„Die S 8 fährt wieder!“ - „Aber nicht auf meiner Strecke!“

Der ökologische Verkehrsclub VCD war, wie viele andere, entsetzt über den kurzfristigen Totalausfall mehrerer wichtiger S-Bahn-Linien in NRW im Juli, der zu den andauernden Problemen mit Bausperrungen, technischen Störungen, allgemeinem Personalmangel, wetterbedingten Einschränkungen u.a. noch hinzukam.

Der S-Bahn-Verkehr wurde in der Folgewoche weitgehend wieder aufgenommen, aber die Probleme gehen weiter: einige RB-Linien sind weiterhin aus Personalmangel ganz oder teilweise eingestellt, auch bei RE-Linien gibt es Ausfälle. Wegen Baustellen waren und sind in den Ferien wichtige Strecken wie Düsseldorf – Wuppertal, (Düsseldorf -) Langenfeld – Köln, Krefeld – Kleve gesperrt. „Es ist nicht gerade die beste Zeit, um neue 9€-Ticket-Kunden zu begeistern“, meint Iko Tönjes, Sprecher des VCD in NRW.

Der VCD meint: bei allem Verständnis für besondere Krisenlagen, z.B. durch Corona und hohe Bautätigkeit - die andauernde Unzuverlässigkeit des Bahnsystems ist eine schwere Hypothek für die dringend notwendige Verkehrswende. Das führt zu dauerhafter Abwanderung von Kundinnen und Kunden und darf nicht so bleiben.

Deswegen hält der VCD NRW als Interessenverband für Fahrgäste und Klimaschutz kurz- und mittelfristig nachhaltige Verbesserungen im Bahnsystem für erforderlich:

  • An der Resilienz-Strategie für besonders kritische Infrastruktur wie Leitstellen, Großstellwerke, Hauptstrecken, Energieversorgung muss gearbeitet werden, das sollten unabhängige externe Analysen unterstützen. Der Ausfall ganzer Teilnetze durch einzelne Ereignisse wie Brand, Blitzschlag, Cyberangriffe, Personalmangel o.a. muss sicher verhindert werden. Der VCD sieht die Aufgabenträger (Verbünde) in der Pflicht, die Einhaltung der vertraglichen Bahn-Leistungen zu sichern.
    Es geht z.B. um erhöhte Redundanz und Flexibilität (etwa räumlich getrennte Backup-Systeme, flexible Abschalt- und Ausweichoptionen, im Notfall Übernahme des Betriebs durch Nachbarstellen), um erweiterte Personal- und Betriebs-Reserven, besser gesicherte Hauptstrecken, präventive Instandhaltung, aber auch fahrgastfreundliches Baustellen-Management.
  • Ausfall-Risiken müssen frühzeitig erkannt und gemeldet und mit Verbund und lokalen Partner-Betrieben abgestimmt werden.
  • Auch der eingeschränkte Betrieb muss für Fahrgäste planbar sein: Mindestangebot auf allen Strecken, Ausfälle nur auf Strecken mit brauchbaren Alternativen, schnelle zuverlässige Information der Fahrgäste über alle Ausfälle, bessere Informationen vor Ort über Alternativ-Verkehre.
  • Der Ersatzverkehr muss noch besser organisiert werden: für akute Ausfälle muss es vorbereitete Einsatzplanungen und Vereinbarungen für Busse und Taxen aus verschiedenen Orten entlang der Strecken geben. (Wenn die Bahn zwischen Neuss und Mönchengladbach öffentlich einen Ersatzverkehr für die S8 mit vier (!) Taxen angekündigt hat, kann man darüber nur den Kopf schütteln. 
    Es geht auch um kleine Dinge wie gut lesbare und (auch für nicht Deutsch sprechende Menschen) verständliche Aushänge mit weniger Text und mehr Infografik, gute Wegweisung zu den Abfahrtsstellen des Ersatzverkehrs an großen Bahnhöfen. (In Düsseldorf Hbf etwa war und ist der Weg zu den weit entfernten Bushaltestellen für den wichtigen SEV nach Wuppertal so gut wie gar nicht ausgeschildert.)
  • Die technische Modernisierung der Strecken und Leittechnik ist beschleunigt zu realisieren, um mit weniger Personal auszukommen, allerdings ohne zusätzliche Risiken großflächiger Ausfälle zu schaffen. Die Maßnahmen für das „robuste Netz NRW“, die einen flexibleren Betrieb ermöglichen, sollen umgehend und nicht erst Ende der 20er Jahre realisiert werden. Das geht bekanntlich nicht ohne Aufrüstung der Planungs- und Baukapazitäten im Bahnbereich.
  • Personalmanagement und Fachkräfteoffensive sind fortzusetzen und zu intensivieren: örtlich und funktional flexibler Personal-Einsatz, attraktive Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Bezahlung,..), gute Ausbildungs-Kapazität, Anwerbung von Kräften aus anderen EU-Ländern u.a.m.
  • Auch das Thema, dass Bahnunternehmen Strafzahlungen für Verspätungen und Mehrausgaben für Ersatzverkehre leisten müssen, auch wenn die Infrastruktur die Ursache dafür ist, muss geklärt werden, da das zur finanziellen Schieflage von Unternehmen beiträgt.
     

    Kontakt: Iko Tönjes
    Email: presse@vcd-nrw.de
    Tel. 0171 2809740

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