Nordrhein-Westfalen

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Landesverband NRW

Maskenpflicht reicht nicht – ÖPNV muss pandemietauglich werden

Der VCD in NRW nimmt Stellung zum Bußgeld bei Maskenpflicht-Verstößen und zu den Notwendigkeiten eines pandemiegerechten ÖPNV

  • Der VCD NRW hält das in NRW geplante Bußgeld für Maskenpflicht-Verstöße für zu hoch.
  • Der Verkehrsclub fordert mehr Aktivitäten der ÖPNV-Unternehmen und der Städte und Kreise, für ein größeres Platzangebot und eine bessere Verteilung der Fahrgastströme zu sorgen.
  • Eine Staffelung von Schul- und Arbeitszeiten ist dringend notwendig.
  • Der VCD begrüßt die Absicht des Verkehrsministers, mehr Schulbusse zu finanzieren.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in NRW hält als Fahrgastverband eine konsequente Einhaltung der Maskenpflicht in Bahn und Bus für notwendig, um objektive Risiken zu verringern und gleichzeitig das Sicherheitsgefühl der Mitreisenden zu erhöhen.

Ein Bußgeld von 150€ beim ersten Verstoß hält der VCD aber nicht für angemessen, Das wäre etwa so viel wie das Rasen durch die Tempo-30-Zone mit knapp 70 km/h oder so viel wie zweimal auf den Schienen zu parken und die Straßenbahn zu behindern. "Eine so große Regelverletzung wie rücksichtsloses Fahrverhalten ist ein einmaliges Masken-Vergessen nicht", erklärt VCD-Sprecher Iko Tönjes. Für Jugendliche gilt es ohnehin kaum, und Kontrollen wird es vermutlich auch selten geben, da Verkehrsbetriebe keine Bußgelder einziehen können. In Baden-Württemberg oder Hessen etwa gelten moderatere Sätze zwischen 30 und 50€.

Es wird viel über Pflichten der Fahrgäste geredet, aber aus Sicht des VCD müssen auch Verkehrs-Unternehmen und Städte und Kreise als zuständige Aufgabenträger wesentlich mehr tun, wenn sie wieder mehr Fahrgäste haben wollen und wenn die Schule wieder losgeht. Das Problem Abstandhalten muss angegangen werden, das Geschäftsmodell Sardinenbüchse funktioniert nicht mehr. Der simple Ratschlag „falls ein Bus zu voll ist, nehmen Sie den nächsten“ wirkt zynisch. Das bedeutet für Kunden mehr Verspätungen, Informationen über eine zu erwartende Überfüllung in Bus oder Bahn gibt es im Nahverkehr noch nicht.

Von Konzepten zum besseren Abstandhalten im ÖPNV ist in den Städten an Rhein und Ruhr wenig zu hören. Dabei soll es vor allem um eine bessere Verteilung der Fahrgäste und mehr Platzangebot gehen. Mit etwas Flexibilität könnten evtl. geeignete freie Kapazitäten aus dem Reisebus- und Ausflugsverkehr genutzt werden.

Der VCD begrüßt die Meldung, dass das Verkehrsministerium NRW mehr Schulbusse finanzieren will, "Das würde die Lage in vielen Orten merklich entspannen", so der Sprecher des VCD, Iko Tönjes. Allerdings trifft das nur einen Teil des Problems, denn der Schülerverkehr wird zu einem großen Teil mit dem normalen Linienverkehr abgewickelt und parallel nehmen auch Berufs- und Freizeitverkehr wieder zu.

Der VCD meint, ohne die Staffelung von Schulzeiten wird der Verkehr in der Frühspitze nicht bewältigt werden können. (Das Verkehrsministerium weist auch auf diesen Punkt hin.) An größeren Standorten sollte ein Teil der Klassen erst zur 2. Stunde beginnen. Auch ein bleibender Anteil an Homeschooling und Homeoffice sowie flexiblere Arbeitszeiten und mehr Radverkehr (in einem verbesserten Netz) können notwendige Entlastungen bringen.

 

Der VCD hält Programme für einen pandemietauglichen ÖPNV und Eisenbahn-Verkehr für erforderlich:

  • Mehr Platz: Längere Züge bzw. Wagen oder zusätzliche Verstärkerfahrten in den Spitzenzeiten auf hochbelasteten Abschnitten einsetzen, außerdem mehr Schulbusse organisieren, z.T. auch dort, wo bisher kein spezieller Schulverkehr nötig war. Insgesamt muss das Platz-Angebot optimal verteilt werden, d.h. Hauptachsen sollen gestärkt und entlastende Quer-Verbindungen (z.B. Schnellbusse) ausgebaut werden. Der Verkehr auf schwachen Relationen ist nötigenfalls zu überprüfen, um Kapazitäten umzuschichten.
  • Schnelle Reaktion: Die Fahrgastzahlen kontinuierlich beobachten und Kunden-Feedback auswerten, um per Einsatzreserve oder Fahrplananpassungen überfüllte Fahrten kurzfristig zu entlasten;
  • Informationen zur erwarteten Auslastung in die Fahrplanauskunft einbauen (ähnlich wie bei der DB) und bei Bedarf Vorschläge für alternative Routen machen (inkl. z.B. Radfahren);
  • Die jeweilige Halteposition der Züge und Wagen am Bahnsteig auffällig markieren, für eine bessere Verteilung der Einsteigenden;
  • Mehr Zuverlässigkeit schaffen, denn Verspätungen und Ausfälle erzeugen Überfüllung;
  • Die Stationen hygienischer machen und wettergeschützte Wartebereiche erweitern;
  • Fahrzeuge umgestalten, um den Raum zu verbessern (z.B. breitere Gänge und Türbereiche, bessere Belüftung);
  • Tarif und Ticketverkauf anpassen: elektronischen Ticket-Verkauf verbessern und ausweiten, Ticketkauf wieder in jedem Bus und an mehr Vorverkaufsstellen ermöglichen, flexiblere Zeitkarten-Regelungen u.a. wegen Home-Office und unbeständiger Arbeitsverhältnisse.

Ein Gesamtkonzept mit diesen und weiteren Maßnahmen ist zu entwickeln und sollte Voraussetzung für weitere Hilfszahlungen im nächsten Jahr sein. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei.

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