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Am Sonntag, dem 11. Februar, versammelten sich in 27 deutschen Städten insgesamt 2.500 Menschen zu Gedenkveranstaltungen für den Ende Januar überfahrenen Fahrradblogger „Natenom“. Bei einer der bundesweit größten Versammlungen verliehen in Dortmund knapp 150 Radfahrende ihrer Anteilnahme und Wut Ausdruck.
Den meisten der 150 Radfahrenden auf dem Friedensplatz in Dortmund war Andreas Mandalka als „Natenom“ in sozialen Medien oder über seinen gleichnamigen Fahrradblog bekannt. Persönlich begegnet waren sich vergangenen Herbst der Pforzheimer Radfahrer und der Dortmunder Timm Treskatis. Diese Begegnung am Rande einer Radsportveranstaltung im Schwarzwald gab für Treskatis den Anstoß, die Gedenkfahrt in der Ruhrmetropole mitzuorganisieren.
Hilfsbereit und integer
In einer Ansprache auf dem Friedensplatz würdigte Treskatis den Getöteten als hilfsbereiten und integeren Menschen. „Er hat das getan, was richtig war, auch wenn niemand hingeschaut hat”, sagte er zusammenfassend. Treskatis betonte die Notwendigkeit von besserem Schutz von Radfahrenden wie Natenom, um sie vor zu engem Überholen, Vorfahrtsmissachtungen und bewussten Bedrohungen durch motorisierte Verkehrsteilnehmende zu schützen. Dabei stellte er die Wichtigkeit von verstärkter Präventionsarbeit heraus, auch seitens der Polizei.
Nach einer Schweigeminute und einem musikalischen Beitrag einer Saxofonistin verließen die Teilnehmenden den Friedensplatz für eine Gedenkfahrt durch die Stadt. An Stellen, die für Radfahrende als besonders gefährlich wahrgenommen werden, hielt die Kolonne für Zwischenkundgebungen an. Aktive lokaler Fahrradinitiativen schilderten das Gefahrenpotential und machten Vorschläge zur sicheren Gestaltung von Radwegen und Kreuzungen.
“Schützt uns!”
An der Heiligegartenstraße, die aktuell über keinerlei Radwege verfügt, forderte Lorenz Redicker vom VCD Dortmund-Unna einen Umbau von Hauptstraßen, um sicher befahrbare Radrouten zu schaffen: „Der Radfahrstreifen an der Steinstraße wird ständig von Bussen beparkt, und kurz darauf endet der Radweg komplett. Wir müssen hier eine durchgehende Achse herstellen, weiter über die Heiligegartenstraße, Jägerstraße, den Heiligen Weg bis hoch zur Märkischen Straße.“
Axel Rickel von der Velokitchen unterstrich die Gleichberechtigung von Radfahrenden mit dem motorisierten Verkehr. An die Politik gewandt appellierte er: “Schützt uns, handelt für uns, schafft Räume, in denen wir uns sicher und gut bewegen können – so wie es für andere Verkehrsträger auch gemacht wird.”
RS1 als Radsicherheitsweg
Bei einer weiteren Kundgebung im Kreuzungsbereich von Sonnenstraße und Hoher Straße warf Andreas Bach vom ADFC einen Blick ins westliche Nachbarland: „In den Niederlanden wäre es unvorstellbar, für einen Radschnellweg keine Brücke oder Unterführung zu bauen.“ Bach kritisierte die Pläne der Stadt Dortmund, nach denen für die Kreuzung des künftigen Radschnellwegs und der Hohen Straße lediglich eine Ampel eingerichtet werden soll. „Der RS1 soll nicht nur ein Radschnellweg sein, sondern auch ein Radsicherheitsweg. Mit einer Ampel statt einer Überführung über die stark befahrene Hauptstraße wird weder das eine, noch das andere erreicht.“
Die Gedenkfahrt endete an der Faßstraße in Hörde, die erst letztes Jahr mit neuen Radfahrstreifen ausgestattet wurde. „Hier wurde sehenden Auges etwas gebaut, von dem man wusste, dass es so nicht funktioniert“, sagte Peter Fricke von Aufbruch Fahrrad Dortmund. Beim Umbau der Faßstraße wurde in jede Richtung eine sogenannte überbreite Fahrspur angelegt, auf der Kfz versetzt fahren und an Ampeln nebeneinander stehen sollen. „Wer hier überhaupt noch mit dem Fahrrad entlang fährt, merkt sofort, dass Autos auch nebeneinander fahren und dabei auf dem Radfahrstreifen zu Besuch kommen. Hier müssen Trennelemente aus Kunststoff oder Beton nachgerüstet werden, die den Radfahrstreifen baulich schützen. Der Platz dafür ist vorhanden“, so Fricke.
Echte Gleichberechtigung
Als Tenor unter den Teilnehmenden zeichnete sich die Forderung ab, echte Gleichberechtigung zwischen Radfahrenden und Kfz-Verkehr herzustellen. Viele bezeichneten den Tod von Natenom als Weckruf für dringende Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Todesfälle im Straßenverkehr, durch öffentliche Sensibilisierung, strengere Ahndung von Verkehrsverstößen und verbesserte Infrastruktur.
Nicht einmal 24 Stunden nach Aufstellen eines „Ghostbikes“ für Natenom an der Unfall- und Gedenkstelle bei Pforzheim wurde diese von Unbekannten geschändet. Die Dortmunder Initiativen reagierten bestürzt auf diese Nachricht, und sehen gleichzeitig bestätigt, welchen Aggressionen schwächere Verkehrsteilnehmende mitunter ausgesetzt sind.