Nordrhein-Westfalen

Auto & Straße, Verkehrsplanung
Dortmund - Unna

Offener Brief

„Aus Klimagründen verkehrt, verkehrlich verzichtbar und wirtschaftlich Wahnsinn“

Dortmunder Umweltverbände fordern Stopp der Hoeschallee

Ein breites Bündnis aus Umwelt- und Verkehrsverbänden appelliert an die Politik in Dortmund, die Planung der Hoeschallee als Teil der Nordspange zu beenden. „Das Projekt wird aus guten Gründen nicht vom Land bezuschusst. Die Stadt aber will die Baukosten von 62 Millionen Euro allein tragen. Jetzt wäre der letzte Zeitpunkt für die Lokalpolitik, diese Fehlplanung zu stoppen“, ruft das Bündnis zu einem Nein zur Verwaltungsvorlage zum Bau der Hoeschallee auf. In dem Bündnis haben sich ADFC, BUND, VCD, Aufbruch Fahrrad, VeloCityRuhr, Klimabündnis Dortmund und die Fridays for Future zusammengefunden.

 

Das Bündnis zählt viele Gründe auf, warum die neue Straße nicht (weiter-)gebaut werden sollte. „Die Hoeschallee ist aus Klimagründen verkehrt, überdimensioniert, verkehrlich verzichtbar, viel zu teuer und wirtschaftlich betrachtet Wahnsinn“, fasst Hartmut Koch für das Klimabündnis Dortmund die Argumente zusammen. Die wichtigsten Punkte in der Übersicht: 

  • Verkehrswende und Klimaneutralität: Die Nordspange widerspricht dem Ziel der Verkehrswende, das mit dem Masterplan Mobilität klar postuliert ist: der Autoverkehr soll auf ein Drittel Verkehrsanteil reduziert werden. Sie steht damit auch im Widerspruch zu der bis 2035 angestrebten Klimaneutralität der Stadt. Sowohl zur Klimaneutralität (November 2021) wie auch zur Verkehrswende (Mai 2022) hat sich der Rat der Stadt bekannt. Dass der Bebauungsplan InN 219 (u.a. zur Nordspange) einen Monat nach dem Beschluss zur Klimaneutralität vom Rat verabschiedet wurde, zeigt deutlich, dass die Dortmunder Parteien mehrheitlich (und leider bis heute) nicht begriffen haben, dass sich etwas ändern muss – gerade auch kommunal. „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“, bringt es Peter Fricke von Aufbruch Fahrrad Dortmund auf den Punkt. „Die Nordspange zementiert eine autozentrierte Infrastruktur, statt die dringend notwendige Mobilitätswende voranzutreiben.“
  • Verkehrlich überdimensioniert: Die Hoeschallee ist mit vier Fahrspuren völlig überdimensioniert. Wenn überhaupt, hätte sie nur zweispurig geplant werden dürfen; damit könnte sie den erwartbaren Verkehr problemlos aufnehmen. Vier Spuren hingegen bedeuten, dass massiv neuer Kfz-Verkehr induziert wird. Zudem ist in den Knotenpunkten der Hoeschallee eine wahre Flut von Abbiegestreifen angelegt, die weder mit den Verkehrsmengen noch mit den Regelwerken im Einklang steht; und die Stadtbahn soll die Hoeschallee irgendwann einmal unterqueren. Eine reduzierte Dimensionierung der Nordspange hätte deren Kosten vermutlich deutlich gesenkt.
  • Keine Entlastung für die Nordstadt: Das immer wieder angeführte Argument, die Nordspange entlaste die Nordstadt und insbesondere die Wohngebiete des Borsigplatzquartiers vom Kfz-Verkehr, ist nicht haltbar. Zwar argumentiert die Verwaltung mit einer Entlastung des Verkehrs auf der Brackeler Straße (westlich Hoeschallee) um 33-46 Prozent, gleichzeitig geht sie jedoch von deutlichen Zusatzbelastungen an anderer Stelle im Quartier aus, z.B. in der Oesterholzstraße, wo sich der Verkehr weit mehr als verdoppeln (plus 147 Prozent!) soll, wie aus der Begründung für den Bebauungsplan InN 219 hervorgeht. Zudem wird bei der erwarteten Entlastung der Brackeler Straße der durch die neue Straße induzierte Verkehr gar nicht berücksichtigt. Die geplante Ausweitung der gewerblichen Nutzung auf der Westfalenhütte wird im Übrigen nach Angaben des von der Stadt beauftragten Gutachtens nicht zu mehr Verkehr im Borsigplatzviertel führen, auch wenn die Nordspange nicht gebaut wird. Warum wird sie dann gebaut?
  • Wirtschaftlich unvernünftig: Völlig unverständlich ist aus Sicht der Umweltgruppen, dass die Stadt am Bau der Nordspange festhält, obwohl das Land keinerlei Zuschüsse gewährt. „Die 62 Millionen für die Nordspange allein aus eigener Kasse zu bezahlen, ist wirtschaftlicher Wahnsinn“, sagt Philipp Kotthoff (BUND). Parteien wie die CDU, die für sich in Anspruch nehmen, sie stünden für wirtschaftliche Vernunft, dürfen das eigentlich nicht mittragen. Das Geld könne für viele andere Dinge besser ausgegeben (Schulen, Kitas!) oder gespart werden. Die Stadt Dortmund ist nicht annähernd in der Lage, ihr derzeitiges Straßen- und Wegenetz auf einem benutzbaren Stand zu halten. „In dieser Situation eine überdimensionierte Neubaumaßnahme zu planen, wird zukünftige Generationen zusätzlich zum Klimawandel noch mehr überfordern“, warnt Malik Pätzold von den Fridays for Future.
  • Rad- und Fußverkehr werden unzureichend beachtet: Für den Rad- und Fußverkehr gibt es auf der Westfalenhüttenallee/Springorumstraße eine gemeinsame Spur, die überflüssigerweise am Knoten mit der Hoeschallee von der einen zur anderen Straßenseite wechselt – was nur mit mehreren Ampelphasen möglich ist „Das ist weder attraktiv für Radfahrende noch für zu Fuß Gehende“, bedauert Heide Kröger-Brenner vom ADFC; die Querung des Geländes werde so unnötig erschwert.
  • Schienenverkehr spielt keinerlei Rolle: Für die schon lange zugesagte Verlängerung der Stadtbahn auf das Gelände der Westfalenhütte liegen weiterhin keine Pläne vor. Die notwendige eigenständige Planfeststellung für die Stadtbahn ist damit nicht einmal im Ansatz eingeleitet. „Für den Autoverkehr fließen die Millionen, für die Stadtbahn nur leere Versprechen“, kritisiert Lorenz Redicker vom VCD. Unsinnig ist zudem, dass die Stadtbahn den Knoten Springorumallee/Nordspange unterqueren muss und dabei von der Nord- auf die Südseite der Fahrbahn wechselt. Zudem wird der Schienengüterverkehr in den Planungen überhaupt nicht beachtet, dabei ist das gesamte Gelände bestens für den Schienenverkehr erschlossen.

Der Bau der OWIIIa hat die Nordstadt einst übermäßig mit Autoverkehr belastet, die Nordspange aber schaffe hier nicht die erhoffte Abhilfe, so das Bündnis, im Gegenteil. „Die Fehlplanung der OWIIIa kann nicht durch eine weitere Fehlplanung korrigiert werden“, fasst Hartmut Koch zusammen. Dass der Bau der Nordspange längst begonnen und etwa die Brücke an der Hildastraße bereits weitgehend fertig sei, ändere nichts an der Notwendigkeit, jetzt endlich die Reißleine zu ziehen. Das Bündnis appelliert an die Politik: „Lassen Sie Vernunft walten, beenden Sie diesen Wahnsinn und stoppen Sie die Fehlplanung!“

 

Ansprechpartner:       Lorenz Redicker, VCD Dortmund-Unna, 0179 515 9834

                                   Hartmut Koch, Klimabündnis Dortmund, koch-do@t-online.de

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